Manuel Mandler im Interview

Healthcare Change-Pioniere – Herr Manuel Mandler spricht im Interview mit Janine Müller-Dodt über die Vorteile der alley App und die Qualitätsverbesserungen in der Versorgung von Menschen mit Knie- oder Hüftarthrose.

© VBMC ValueBasedManagedCare GmbH

Im Interview mit mir spricht Herr Mandler über die Vorteile digital verfügbarer Daten, Qualitätsverbesserungen in der Patientenversorgung und den dringend notwendigen Nachholbedarf hinsichtlich der Weiterentwicklung von Prozessen.

Der Diplom-Informatiker und Sportwissenschaftler Manuel Mandler ist Founder und CEO der in 2019 in Köln gegründeten VBMC ValueBasedManagedCare GmbH.

Ziel des Unternehmens mit inzwischen 40 Mitarbeitenden ist es, analytisch getriebene Managed Care-Lösungen auf Basis des Value Based Medicine-Ansatzes zu entwickeln.

Das erste Produkt ist alley, das als innovatives Versorgungsmodell den optimalen Behandlungspfad für Menschen mit Hüft- oder Kniebeschwerden orchestriert. alley steht den Betroffenen und den betreuenden Fach- und Hausärzten sowie Physiotherapeuten im Zuge der Einführungsphase seit dem 3. Quartal 2021 kostenfrei zur Verfügung.

Herr Mandler, wie trägt alley dazu bei, die Gesundheitsversorgung von Menschen mit Hüft- und Kniearthrose zu verbessern?

Manuel Mandler: alley ist eine analytisch getriebene, medizinische Plattform, die mithilfe neuster Technologien den individuell optimalen Behandlungspfad für Menschen mit komplexen Erkrankungen strukturiert.

Dafür bündelt alley medizinische Daten und die Kommunikation zwischen Patient:innen, Ärzt:innen und Therapeut:innen und stellt sie zur individualisierten Therapieplanung bereit. Darüber hinaus können die Betroffenen per App Informationen zu ihrer Diagnose, zu den Behandlungsoptionen und zur Terminvorbereitung abrufen. So unterstützt alley Patient:innen dabei, ihre Behandlung aktiv mitzugestalten.

 

Welcher Nutzen ergibt sich für die Betroffenen, Leistungserbringer und Krankenversicherer durch die smarte Verarbeitung der Gesundheitsdaten?

alley bündelt Gesundheitsinformationen, die Ärzt:innen für eine individualisierte Therapieplanung verwenden können. Zum Beispiel erfasst alley die Bestandsmedikation der Patient:innen, auf die die Folgemedikation abgestimmt werden kann. Dadurch können OP-Verschiebungen aufgrund der nicht bekannten Einnahme von Blutverdünnern vermieden werden. Schmerzverläufe werden in Echtzeit erfasst und dargestellt, Risikofaktoren für komplikative Verläufe der Wundheilung wie der Rauchstatus oder das Vorliegen von Stoffwechselerkrankungen können von Ärzt:innen frühzeitig in die Arzt-Patienten-Interaktion aufgenommen werden.

Zudem können Patient:innen über die alley App individualisierte Wissensinhalte abrufen und sich so aktiver in die Therapiegestaltung einbringen. Wir wissen aus Studien, dass die Möglichkeit der Mitgestaltung zu einer höheren Adhärenz beiträgt.

Individuelle Patientenprofile und die Abbildung von individuellen Behandlungspfaden ist wesentlich für eine innovative Versorgungsforschung und -steuerung, denn durch den zielgerichteten Informationsgewinn wird eine nachhaltige und vor allem messbare Qualitätsverbesserung in der Versorgung erst möglich. Grundlage hierfür ist ein medizinisches Datenmodell, das auf den internationalen Standards der Value Based Medicine basiert.

 

„Individuelle Patientenprofile und die Abbildung von individuellen Behandlungspfaden ist wesentlich für eine innovative Versorgungsforschung und -steuerung, denn durch den zielgerichteten Informationsgewinn wird eine nachhaltige und vor allem messbare Qualitätsverbesserung in der Versorgung erst möglich.“

 

Welche Hürden gab es und welche Widerstände seitens der beteiligten Akteure im Behandlungspfad sind Ihnen während der Entwicklungsphase begegnet? Und welche dieser Schwierigkeiten haben Sie als größte Herausforderung empfunden?

Digitale Innovationen erfordern neue Kompetenzen bei allen Beteiligten. Wir sprechen hier auch von digitaler Gesundheitskompetenz. Wir sehen es deshalb auch als Teil unserer Verantwortung, Innovationen zugänglich zu machen. Dazu zählt beispielsweise eine nutzerzentrierte Produktentwicklung und Barrierefreiheit, damit unser Angebot tatsächlich auf die Bedürfnisse der Patient:innen und Ärzt:innen eingeht und Mehrwert liefert.

Eine große Hürde liegt derzeit in einer nicht ausreichenden Kommunikation von politischen Entscheidungsträgern gegenüber den Akteuren des Gesundheitssystems zu politisch getriebenen Digitalisierungsinitiativen. Viele Ärztinnen und Ärzte wissen z.B. nur wenig über das Digitale-Versorgung-Gesetz oder ähnlich gelagerte Initiativen. Die Politik hat hier wegweisende und überfällige Gesetze auf den Weg gebracht, ohne allerdings die Auswirkungen auf nachgelagerte Prozesse wie Verschreibung, Vergütung etc. ausreichend zu bewerten bzw. zu kommunizieren. Hier besteht in der nächsten Legislaturperiode ein deutlicher Nachholbedarf.

 

„Die Politik hat hier wegweisende und überfällige Gesetze auf den Weg gebracht, ohne allerdings die Auswirkungen auf nachgelagerte Prozesse wie Verschreibung, Vergütung etc. ausreichend zu bewerten bzw. zu kommunizieren. Hier besteht in der nächsten Legislaturperiode ein deutlicher Nachholbedarf.“

 

Welches sind die Erfolgsfaktoren für eine gelingende Umsetzung der Einführungsphase?

In der Einführungsphase ist die alley App für Patient:innen kostenfrei für Menschen mit Hüft- oder Kniebeschwerden verfügbar, denn wir möchten unser Angebot einem möglichst großen Personenkreis zugänglich machen. Ziel ist es, Akzeptanz und Vertrauen von Patient:innen und Ärzt:innen zu gewinnen.

 

Wie schaffen Sie es, die beteiligten Akteure mitzunehmen und den Patientenpfad gemeinsam neu zu strukturieren und erfolgreich zu gestalten?

Wir haben uns einem gemeinsamen Ziel verschrieben: Wir möchten die Qualität der medizinischen Versorgung für die Patient:innen verbessern. So ist es uns gelungen, ein starkes Netzwerk mit Ärzt:innen, Patientenvertreter:innen und Expert:innen aus der Branche aufzubauen.

 

Wie reagier(t)en Ihre Mitarbeitenden auf die nachweislichen Fortschritte Ihres Vorhabens?

Abgesehen von einer tollen Party, die wir zu unserem einjährigen Bestehen gefeiert haben, spüren wir ein großes Commitment im Team, den doch steinigen Weg der Erstellung eines Medizinproduktes mit Ausdauer, Innovationsgeist und auch Fröhlichkeit zu gehen.

 

Wenn die Digitalisierung die Kultur verändert, dann reden wir auch über eine neue Führungskultur. Was macht aus Ihrer Sicht die neue Führungskultur in der Gesundheitswirtschaft aus?

Start-ups wie alley sind ein spannendes und innovatives Labor für moderne Führungskultur mit flachen Hierarchien, hochgradig selbstbestimmten und crossfunktionalen Tätigkeiten und ständigen Arbeiten an Wertschätzung und Weiterentwicklung des Teams. Werte werden bei uns nicht top-down definiert, sondern durch die Teammember aller Workstreams. Wir spiegeln und entwickeln unsere Werte regelmäßig mit dem Rest des Teams weiter. Wir nennen das alleyInteractive.

 

Vielen Dank für das interessante Gespräch.

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